Elektronenmikroskopie

Bei der Betrachtung von Zellen und Geweben werden durch die Wellenlänge der verwendeten Strahlung feste Grenzen gesetzt. Mit sichtbarem Licht kann man gerade noch Strukturen von etwa 0,1 µm Größe erkennen. Das Elektronenmikroskop (EM) dagegen bietet noch eine etwa 1.000-fach stärkere Auflösung und diese ist besonders bei Fragestellungen auf der Ebene von Zellen, Zellorganellen, Makromolekülen sowie Bakterien und Viren gefragt. Unsere Arbeitsgruppe bietet in Lübeck als einzige die Möglichkeit, Strukturen auf diesen Ebenen bis zu einer Größe von wenigen Nanometern bildlich darzustellen, und zwar mit verschiedenen Techniken der Oberflächenabbildung (Rasterelektronenmikroskopie) sowie der Durchstrahlung von extrem dünnen Schnittpräparaten (Transmissionselektronenmikroskopie, TEM; Abbildung 1).

EM wird im Institut für Anatomie seit dem Jahr 1974 betrieben und die Anatomie verfügte in den ersten Jahrzenten über zwei TEM, ferner über ein REM sowie über vier Ultramikrotome und eine Gefrierätzanlage zum Anfertigen der Probenschnitte für die TEM.

 

In den Anfangsjahren des Instituts waren die Kartierung und Alterung der menschlichen Hirnrinde das Hauptforschungsgebiet (Prof. Dr. Haug, Dr. Reinhard Eggers). Weitere Forschungsfelder in den Anfangsjahren der EM wurden durch Prof. Uda Schramm (Haut und Anhangsorgane) sowie Prof. Lüder Busch (Embryologie der Genitalorgane) und PD Andrés Mendoza (Vomeronasalorgan) etabliert. Spätere Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der EM umfassten den Magen-Darm-Trakt, spezielle Aspekte der Reproduktions- und Tumorbiologie sowie Untersuchungen zur Beteiligung von Blutplättchen an der unspezifischen Abwehr. Ein wichtiger Schritt war die Etablierung der Kryo-Ultramikrotomie, mit der immunhistochemische Nachweisreaktionen auf der Ebene der TEM mit großer Präzision durchgeführt werden können.

Mit dem Abbau der anderen EM-Labore an der Universität zu Lübeck erlangte unsere Arbeitsgruppe zunehmend Alleinstellungsmerkmale und folglich konnte die Gruppe in eine große Anzahl von Kooperationen eintreten. Insbesondere die Institute für Mikrobiologie, Molekularbiologie und Transfusionsmedizin, aber auch die Kliniken für Orthopädie, Herzchirurgie, Augenheilkunde, Unfallchirurgie sowie die Fraunhofer-Einrichtung für Individualisierte und Zellbasierte Medizintechnik zählen zu unseren Kooperationspartnern. So wurden durch unsere Arbeitsgruppe Untersuchungen zu Infektionskrankheiten und Erregern (Hepatitis A; Chlamydien, Leishmanien, Streptokokken), zur mikrobiellen Besiedelung von künstlichen Bioersatzmaterialien (Herzklappen, künstliche Linsen, Osteosynthesematerial), zur zellulären Besiedelung künstlicher Matrices und Differenzierung von Geweben (Bindegewebe, Muskelgewebe, Knorpel) sowie rein materialtechnische Untersuchungen in Zusammenarbeit mit der TH Lübeck (transkranielle Sauerstoffmessungen; Entwicklung von Keramikfiltern und Sensoren; Laserbearbeitung von Metalloberflächen) durchgeführt.

Heute verfügt unsere Arbeitsgruppe über ein TEM Jeol JEM-1011, ein REM Zeiss EVO HD15-LS, zwei Ultramikrotome, ein Kryo-Ultramikrotom (Ultracut R mit FCS; dieses ermöglicht das Anfertigen von Ultradünnschnitten bei –100 °C für Immunogold-Nachweise im TEM), einen Kontrastierautomaten (Leica AC20) für die Schwermetallkontrastierung von Schnitten sowie zwei Apparate zum Besputtern von Präparaten für die REM mit Gold bzw. Platin. Damit hält unsere Arbeitsgruppe heute ein breites Methodenspektrum von EM-Techniken, von der einfachen TEM- und REM- bis hin zur Kryo-Ultramikrotomie mit Immuno-Goldmarkierung, bereit und kann mit diesen Methoden zu den unterschiedlichsten Forschungsvorhaben beitragen.